Powy entwickelt, besitzt und betreibt E-Ladestationen in Italien und Spanien. Federico Fea, CEO von Powy, berichtet in unserem Interview über das besondere Geschäftsmodell seines Unternehmens, das enorme Wachstumspotenzial der E-Mobilität und über seine Begeisterung und Faszination für diese Branche.

Der Markt für Elektrofahrzeuge wächst stetig und somit auch die Nachfrage nach E-Ladestationen. Was ist das Alleinstellungsmerkmal von Powy? Wie unterscheidet sich das Unternehmen von seinen Mitbewerbern?
Was uns auszeichnet, ist unser Geschäftsmodell und die Beziehung, die wir zu unseren Vermietern aufbauen. Wir haben zwei Arten von Kunden. Zum einen diejenigen, die an unseren Ladestationen ihre Elektrofahrzeuge aufladen, zum anderen die Eigentümer, Pächter oder Vermieter der Standorte, wo wir unsere Investitionen tätigen. Wir bezeichnen diese zweite Art von Kunden generell als «Vermieter». Mit unseren Vermietern gehen wir eine langfristige Partnerschaft ein – wir installieren also nicht einfach eine Ladestation, sondern bleiben im Austausch und teilen unsere Daten mit ihnen. Unser Ziel ist es, bei unseren Vermietern ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, um die Entwicklung der Standorte zu fördern und unseren Endkunden das beste Ladeerlebnis zu bieten. Dieser Fokus auf das Kundenerlebnis hebt uns von anderen Anbietern im Markt ab. Es ist eine Partnerschaft, die auf vollständiger Transparenz und dem Austausch von Daten basiert. Die Vermieter wissen, dass ein Partner wie Powy, der sich darauf konzentriert, das Ladeerlebnis kontinuierlich zu verbessern, sich positiv auf ihr Kerngeschäft und ihr Image auswirkt.

Wir analysieren die Daten zu den Ladevorgängen und überprüfen auch immer wieder die Situation vor Ort, um zu sehen, wie sich der Standort verhält und wie wir die Nutzung verbessern können. Wir vergleichen jeden Standort (z.B. Supermarkt, Tiefgarage, Einkaufszentrum, Sportclub) mit den besten in seiner Gruppe, um Massnahmen zur Verbesserung der Performance zu definieren. Dieses Vorgehen ist iterativ und liefert uns wichtige Richtlinien für das Auswahlverfahren bei den Standorten; in unserer Scouting-Phase ist dies von entscheidender Bedeutung. Wir hören auch genau hin, was Kunden, die unsere Ladestationen nutzen, über ihr Ladeerlebnis sagen. Ein konstantes Monitoring ist aus zwei Gründen sehr wichtig. Erstens müssen wir, da wir uns in einer neuen Branche befinden, kontinuierlich die Daten aus verschiedenen Quellen analysieren, um die Kundenbedürfnisse zu antizipieren; dabei ist das Ziel, im Laufe der Zeit das beste Ladeerlebnis zu ermöglichen. Zweitens müssen wir regelmässig überprüfen, ob sich an einem Standort – etwa in der Logistik eines Supermarkts – etwas verändert hat, was einen Einfluss auf die Sicht- und die Nutzbarkeit der E-Ladestationen hat. Wenn dem so ist, müssen wir zeitnah darauf reagieren. Diese Daten teilen wir über eine Plattform mit unseren Vermietern. In regelmässigen Abständen treffen wir uns mit ihnen, um Verbesserungs- und Ausbaupotenzial zu besprechen. Unsere Arbeit ist sehr spezifisch und auf die Bedürfnisse der Partner zugeschnitten. Sie beansprucht viel Zeit, ist für Powy aber von grundlegender Bedeutung, um das Know-how in einer schnell wachsenden Branche kontinuierlich zu erweitern. Dies hilft uns auch dabei, in einem grösseren Massstab zu tätig zu werden.   

Federico Fea, CEO von Powy, steht vor einer Ladestation
Was uns auszeichnet, ist unser Geschäftsmodell und die Beziehung, die wir zu unseren Vermietern aufbauen. Der Fokus auf das Kundenerlebnis hebt uns von anderen Anbietern in diesem Markt ab. Es ist eine Partnerschaft, die auf vollständiger Transparenz und dem Austausch von Daten basiert.

Wo stehen Ihre Ladestationen vorwiegend? 
Wir verfügen über ein sehr diversifiziertes Portfolio, das alle Arten von Ladebedürfnissen abdeckt. Unsere Ladestationen befinden sich in grossen Einkaufszentren, Supermärkten und Sportzentren, an Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen und Bahnhöfen sowie in Innenstädten und Hotels oder in Restaurants entlang von Autobahnen. Und wir sind ständig auf der Suche nach neuen Standorten, die sowohl hinsichtlich Lage als auch Vermieter höchste Qualität bieten. 

Besitzen Sie diese E-Ladestationen oder verkaufen Sie sie nach der Installation? 
Sie verbleiben in unserem Eigentum und unter unserer Verwaltung. Sobald wir einen Vermieter und einen Standort gefunden haben, die unseren Kriterien entsprechen, erstellen und finanzieren wir die gesamte Ladeinfrastruktur. Sie gehört uns, ist also ein Vermögenswert unseres Unternehmens. Im Gegenzug erhalten wir eine langfristige Exklusivkonzession für ein bestimmtes Gebiet, das wir in den nächsten 10, 20 Jahren für unsere Ladedienstleistungen nutzen können. Das bedeutet, dass wir in den meisten unserer Verträge das Recht und die Möglichkeit haben, die Anzahl der Ladestationen in unserem Portfolio zu erhöhen, sobald die Nachfrage steigt. Diese «zusätzliche Investitionswelle» profitiert auch von einem geringeren Risiko und höheren Renditen. Bis heute umfassen unsere Ausbaurechte mehr als 45 000 Ladestationen, womit sich die Gesamtzahl der bisher in Italien installierten Ladestationen fast verdoppeln würde. Dies ist ein wichtiger Faktor und zeigt, wie unsere Strategie ihren Wert entfaltet. 

Wie profitiert der Vermieter von diesem Geschäft? 
Als Gegenleistung dafür, dass wir unsere Dienstleistungen anbieten können, erhält der Vermieter einen prozentualen Anteil der Einnahmen. Darüber hinaus gewinnt er neue Kunden, die früher nicht bei ihm eingekehrt wären, jetzt aber dank der E-Ladestation kurz mal auf einen Kaffee reinkommen oder während des Ladevorgangs Einkäufe tätigen, die sie sonst woanders gemacht hätten. Damit schaffen wir für unsere Kunden neben der Umsatzbeteiligung einen zusätzlichen Mehrwert. 

Woher beziehen Sie Ihren Strom und wie viel davon stammt aus erneuerbaren Energiequellen?
Unser Netzwerk nutzt 100% zertifizierte erneuerbare Energie. In Italien bestehen unsere Energiequellen zu rund 38% aus Wasserkraft, 28% Windkraft, 15% Photovoltaik und die restlichen ca. 20% sind eine Mischung aus Biomasse und Geothermie.  

Und wie gelangt der Strom zu den Ladestationen? 
Nun, nicht wir bringen den Strom von der Produktion zu den Ladestationen. Dies geschieht zunächst durch den Übertragungsnetzbetreiber und dann durch den Verteilnetzbetreiber. Wir unterhalten mit beiden gute Beziehungen, denn sie haben den Überblick über das System und seine Auslastung. Jedes Mal, wenn wir eine neue Ladeinfrastruktur installieren wollen, müssen wir beim Verteiler einen Netzanschluss beantragen. Dieser gehört dann uns und bedeutet einen zusätzlichen wichtigen Vermögenswert innerhalb unseres Portfolios.

Ein weiterer Grund, warum diese Beziehung für uns sehr wichtig ist, hat mit der Verwendung der Autobatterie zu tun, wenn das Auto geparkt ist. Grundsätzlich steht jedes Auto zu 95% irgendwo geparkt. Bei Elektrofahrzeugen können Sie Ihre Batterie über unsere Infrastruktur mit dem Stromnetz verbinden und Energiedienstleistungen für das Netz erbringen. Es ist ein riesiges Geschäft. Allein in Italien werden jährlich EUR 4 Milliarden an Ausgleichsleistungen erwirtschaftet, und dieses Geschäft wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Heute wird dieser riesige und wachsende Markt vor allem von Wärmekraftwerken versorgt. In den kommenden Jahren werden Elektrofahrzeuge einen bedeutenden Anteil ausmachen. Deshalb ist auch jede Powy-Ladestation in der Lage, diesen Service zu erbringen. Sobald die kritische Masse erreicht ist, werden wir diesen Service auch anbieten. Davon werden sowohl unser Unternehmen als auch die Nutzer und Nutzerinnen von Elektrofahrzeugen profitieren. 

Was ist der Unterschied zwischen schnellem und ultraschnellem Laden? Welchen Einfluss hat das auf den Preis?  
Der Unterschied besteht darin, wie viel Energie jedes einzelne Ladegerät in einer bestimmten Zeit an eine Batterie abgeben kann. Es gibt ultraschnelle Hardware, mit der man bis zu 400 kWh/Std. aufladen kann, also eine riesige Menge. (Die grösste Autobatterie hat eine Kapazität von 120 kWh, sodass theoretisch vier Autos in etwas mehr als einer Stunde voll aufgeladen werden können.) Demgegenüber stehen die langsamen Ladegeräte mit bis zu 22 kWh/Std. Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der Grösse. Die ultraschnellen Ladestationen sehen aus wie diese amerikanischen Kühlschränke: zwei auf zwei Meter gross und über eine Tonne schwer. Die langsameren sind klein, so wie die Telefonapparate, die wir früher an der Wand hatten, deshalb heissen sie «Wallboxes». In bestimmten Anwendungsfällen sind sie sehr praktisch: Sie übernachten z.B. in einem Hotel, schliessen Ihr Auto abends an die Ladestation an und am nächsten Morgen, wenn Sie weiterfahren wollen, ist die Batterie vollständig aufgeladen. Oder Sie lassen Ihr Auto am Bahnhof stehen, nehmen den Zug, und wenn Sie nach vier, fünf Stunden zurückkommen, ist ihr Auto aufgeladen. 

Es ist ein äusserst faszinierendes Geschäft, weil es die Technologie mit dem Menschen, seinem Verhalten und dem Klimawandel verbindet. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse – die einen bevorzugen ein superschnelles Aufladen, weil sie gerne 15 Minuten durch ihr Smartphone scrollen, in einer netten Bar einen Kaffee trinken oder ihren Stopp an einer Autobahnraststätte so kurz wie möglich halten wollen. Andere hingegen achten stärker auf den Preis und ziehen es vor, weniger zu bezahlen und entsprechend langsamer zu laden. Der Preisunterschied beträgt immerhin 15 bis 20%. Und je nach dem, wie viele Kilometer jemand im Jahr zurücklegt, macht das dann doch einen beträchtlichen Unterschied. 

Es ist also eine sehr faszinierende Branche und komplexer, als manche denken. Hier kommen verschiedene Technologien zusammen. Es geht nicht nur ums Laden, sondern auch um die Autos und um die Grösse der Batterien, ihren Typ und die chemische Zusammensetzung. Ebenso spielt das Batteriemanagementsystem eines Autos eine Rolle, das dem Ladegerät übermittelt, wie viel Strom aufgeladen werden kann, ohne die Batterie zu beschädigen. Wir haben mit dem Autohersteller Stellantis eine langjährige Partnerschaft aufgebaut, um uns über die zukünftigen Trends in der E-Mobilität auszutauschen. Denn diese Entwicklungen beeinflussen auch die Entwicklung unserer Ladestationen.  

Für welche Kategorie von E-Autos sind die Ladestationen geeignet?
Für alle PKWs, für Nutzfahrzeuge, sogar für einige Arten von LKWs. Aber es ist abhängig von der Grösse des Fahrzeugs; ein 25-Meter-Bus passt nicht auf einen 5x5 m grossen Parkplatz. Das Kriterium ist somit nicht das Ladegerät, das für jedes Auto gleich ist, sondern die Dimension des Autos. Unsere Ladestationen sind von der Parkfläche her für PKWs und kleine bis mittlere LKWs gebaut.  

Sie haben die Anzahl der Ladestationen und Standorte innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt. Welches sind Ihre nächsten Schritte?  
Wir wollen ein europaweites Netz von Ladestationen aufbauen. Angefangen haben wir in Italien und Spanien; das sind unsere Herkunftsländer. Und wir planen, weitere Länder zu erschliessen. Wir fokussieren zunächst auf diejenigen, die stark mit unserem bestehenden Netzwerk verbunden sind. Das sind Frankreich, Portugal, Österreich und die Schweiz. Mit unseren Vermietern, die mit unseren Dienstleistungen in Italien oder Spanien sehr zufrieden sind, diskutieren wir auch über weitere Länder. Das ist die kurzfristige Perspektive von unter fünf Jahren; langfristig könnten wir auch weitere Länder in Betracht ziehen. Da würde ich von einem Zeithorizont von zehn Jahren sprechen.  

Wir erkunden kontinuierlich den Markt. Dabei ist organisches Wachstum eine Option, M&A – zu den richtigen Bedingungen – eine andere. Die Strategie ist klar: Wir wollen wachsen, gleichzeitig aber unsere Standorte und Vermieter weiterhin sorgfältig auswählen, um die hohe Qualität beizubehalten.  

Würden Sie sagen, dass Powy Menschen dabei unterstützt, ein selbstbestimmtes, nachhaltiges Leben zu führen? 
Das ist uns in der Tat sehr wichtig. Es ist unsere Mission, uns in diese Richtung zu bewegen, sowohl für die Menschen ausserhalb als auch für die Menschen innerhalb unseres Unternehmens. Wir sind überzeugt, dass dies der Weg ist, um weiter erfolgreich zu wachsen und Menschen zu begeistern. In unserem Unternehmen spüre ich diese Leidenschaft und darauf bin ich sehr stolz. 

Im Mai 2023 erwarb Swiss Life Asset Managers eine Mehrheitsbeteiligung an Powy, um die Verbreitung und den Ausbau von E-Ladestationen in ganz Europa zu unterstützen.

Swiss Life Asset Managers verfügt über einen langen Anlagehorizont in Infrastruktur und verbindet Branchenwissen mit Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit.

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